Kategorien
Wesen

Okura – Jickelsons Gefährtin in Atlantis

Bei einem meiner ersten Besuche auf Atlantis, traf ich durch einen sehr angenehmen Schachzug des Schicksals auf Okura. Sie verprügelte gerade einige Wegelagerer, während ihr gezähmter Tricepteros Reitsaurier sich nur mühevoll zurückhalten konnte.

Wir verstanden uns direkt prächtig und wurden ein Paar, während wir auf die Soldaten aus der Hauptstadt Boenia warteten. Bis dahin bewachten wir auch die Utensilien des Schattenagenten aus Yaginam, der die Getreidefelder von Pagora verseuchen wollte. Dazu mehr in der Kurzgeschichte „Brassons Fleisch aus Atlantis.“

Okura ist Anfang dreißig, eine Frau die selbstbewusst und eine exzellente Kämpferin ist. Außerdem eine der wenigen Sauierzähmer auf Atlantis. Ihre Mutter war eine farbige Gladiatorin vom afrikanischen Kontinent, bevor sie nach Atlantis auswanderte. Ihr Vater ist Tutor an der Elemente-Universität von Ellbaragh. Seine Fachgebiete sind experimentelle Magie und Geheimwissenschaften. Die Kombination dieser sehr unterschiedlichen elterlichen Charaktere, spiegelt sich in Okuras Wesen und Auftreten.

Wenn sie bemerkt, dass sie belogen oder betrogen wird, juckt ihr linkes Ohrläppchen Dann sollte man besser ein wenig zurücktreten, da sie eine niedrige Hemmschwelle zwischen einem klärenden Gespräch und dem subtilen Einsatz körperlicher Gewalt hat. Sie hat sich jederzeit unter Kontrolle, allerdings sind die kontrollierten Assets weniger in der Rhetorik und mehr in gewisser Körperlichkeit angesiedelt, die manche als bedrohlich empfinden.

Da es bei mir eher umgekehrt ist, ergänzen wir uns hervorragend.

Ihr Reitsaurier – ein ca. 2,50m großer Tricepteros – heißt LexKex und stammt aus den Urwäldern des heutigen Südamerika. Der Transport des ungezähmten Tieres auf einem wenig vorbereiteten Schiff, war ein Abenteuer, das größere Mengen Holz für Reparaturen während der Überfahrt, den Verlust zweier Mannschaftsmitglieder – die LexKex geärgert hatten und danach nur noch an ihren Gürtelschnallen erkennbar waren – und der weisen Erkenntnis des Kapitäns, in Zukunft solche Fracht rigoros abzulehnen.

Okura lebt in einem abgelegenen Teil eines Vororts der Hauptstadt Boenia. In ihrer Freizeit jagt sie gerne zusammen mit LexKex exotische Großtiere auf Atlantis.

Kategorien
Kurzgeschichten

Jickelson Tagebücher – Brassons Fleisch aus Atlantis

Ich hatte beide Welten gesehen. Die Erde, wie wir sie kennen und die Erde wie sie war, als Atlantis überlebt hatte. Ganz erstaunlich, was der Halb-Kontinent vor der Küste Westafrikas alles zu bieten hatte, an das man heute keinerlei Erinnerung mehr hat.

Brassons Fleisch zum Beispiel. In Sahnesoße angemacht, mit etwas Thymian, Rosmarin, Salz und Pfeffer. Wow! Leider nur in Atlantis zu bekommen. Und leider nur von mir lieferbar. Denn sonst gibt es meines Wissens niemanden, der die Kunst des Weltensprungs beherrscht. Von der Erde wie wir sie kennen, zur Erde mit Atlantis. So einfach, wie Aufzug fahren. 

Wahrscheinlich gab es auch noch viele andere Versionen der Erde. Ich konnte nur diese Beiden besuchen. Und zwischen den beiden Erden Dinge hin- und her transportieren. Leider nur in Mengen, die ich ohne Hilfsmittel mitnehmen kann, aber immerhin.

Womit mein Beruf klar ist: Gestatten – John Jack Jickelson, unlizensierter Händler zwischen zwei Versionen von Terra und gefragter Mittelsmann für Waren aller Art. Meine Probleme: mein ziemlich respektloses Mundwerk, meine Allergie gegen Langeweile und mein Faible für schwierige Aufgaben.

Singende Schlafunterlagen vom Markt der Hafenstadt Kastellah?
Wieviel dürfen es denn sein?

Die Haut einer Singschlange aus den Sümpfen von Slorgh?
10m oder 12m lang?

Manche Dinge können leider nicht zwischen den Welten transportiert werden. Flug- oder Reitsauriere zum Beispiel. Die Strahlenwaffen aus Yaginam, dem Erzfeind von Atlantis, (machen richtig Platz, würden aber hier das Gleichgewicht der Mächte stören). Das Holz der 24 Stunden Bäume. Na ja und andere Dinge, die hier wirklich viel Geld bringen würden. Viel Geld. Richtig viel.

Manchmal gelingt es mir aber auch, Dinge durch das Tor zu schmuggeln, die eigentlich nicht erlaubt sind. Das passiert meistens dann, wenn ich meinem Mentor, dem Schicksal, geholfen habe, in der einen oder anderen Welt die Dinge in seinem Sinne nach vorne zu bringen.

Wie beim, nun ja, halblegalen Import von Brassons Fleisch aus Atlantis.

Brassons sind ca 1,2 Tonnen schwere mutierte Bisons mit drei Geweihästen, blauen Zungen, Zähnen und leicht bläulichem Fleisch. Sie sind gutmütig, grasen in Herden auf den Weiden um das landwirtschaftliche Zentrum Pagora und sind als gen-optimierte Rasse vom Transport zwischen den Welten ausgenommen.

Frank Sledger, einer meiner Kunden aus dem Gastrogewerbe für elitäre Feinschmecker, hatte mich zu einem zwei Tage Umtrunk in seinem nobelsten Lokal „Bernstein Klause“, das in einem Berg der Tiroler Alpen nahe Innsbruck hinein gebaut war, eingeladen. Seitdem ich ihm eine Flasche „Nebel aus Kastellah“ – einen leicht halluzinogenem Blauwein mit Honig der Bienen der atlantischen Hauptstadt Boenia – mitgebracht hatte, zählte er zu meinen Stammkunden.

Frank lies mich bei bestem Wein und erlesenen Speisen von meinen Erlebnissen in Atlantis erzählen und achtete dabei sehr darauf, was für sein Restaurant und seine obszön reichen Kunden in Frage kommen würde. „Du musst solchen Schwerreichen ständig etwas Exklusives bieten. Dann kommen sie, um zu sehen, was es Neues gibt. Nichts frustriert sie mehr, als die Langeweile.“ Ah, ja.

Irgendwann muss ich in einem Nebensatz etwas über Brassons, extrem leckeres und sehr, sehr proteinhaltiges, leicht bläuliches Fleisch erwähnt haben. Das nahm er zum Anlass für eine umfangreiche Bestellung, für die ich zweimal zwischen den Welten springen musste. Und bei denen ich so viel verdiente, wie ein Facharbeiter in seinem Leben. Ohne Vorruhestand.

Bei den Brassons handelte es sich um urtümliche Bisons mit Haaren, die nach einer magischen Behandlung zu wunderbaren Schlafunterlagen werden konnten und Fleisch, das mit seiner etwas nussigen Note und aphrodisierenden Wirkung einmalig war.

„Wenn in zwei Wochen die Lieferung da ist, garantiere ich Dir den Betrag Cash auf diesem Tisch hier.“

„Dafür wirst Du ihn gegen einen Größeren austauschen müssen,“ antwortete ich und überlegte mir schon mal, welchen Job mir das Schicksal diesmal gab, damit es mir den Transport durchgehen lies.

Der Switch zwischen den Welten ist nur am Gipfel von exakt ausgerichteten und gut erhaltenen Pyramiden aus den richtigen Steinen möglich. Da Gizeh und die Inka-Pyramiden zu abgenutzt waren, hatte ich mir eine eigene, relativ kleine, aber sehr wirkungsvolle, in mein Anwesen bauen lassen. Sie war zwar nur ca. 15m hoch, brachte aber die volle Leistung, die ich benötigte, um auf der West-Pyramide der Hafenstadt Kastellah zu materialisieren.

Ich stieg auf meine Pyramide, aus atlantischen und aktuellen irdischen Materialien, stellte mich auf das kleine Plateau auf der Spitze und hob beide Hände zum Himmel. Das sah ziemlich melodramatisch aus. Besonders wenn ich begann, den 5-minütigen Transitsong zu singen. Eine Kakophonie von Geräuschen, die eine Mischung aus Handshake-Protokoll alter Modems, den Angriffen einer Batterie russischer Katjuscha-Raketen, dem Gurgeln eines galaktischen Abflusses und einem Lied enthielt, das von Qualität und Tonierung etwa bei „Sergeant Pepper Lonely Hearts Club Band“ von den Beatles, angesiedelt war.

Hört sich irre an? Ist es auch.

Kurz vor Ende des Songs hob ich ab, beschleunigte und war unbestimmte Zeit in einer völligen Leere unterwegs. Wahrscheinlich führten andere Transitgesänge zu anderen Pyramiden, auch in andere Welten. Ich kannte nur diesen einen.

Während des Transits traf ich das Schicksal. Fast schon wie ein alter Freund wartete mein Mentor dort zwischen den Welten, saß auf einem thronähnlichen Gebilde, trank besten Rotwein und liebte die Abwechslung. Sagte ich „Abwechslung“? Nein – es war süchtig nach Entertainment. Unterhaltung. Aufregung. Adrenalin! Das musste es auch, denn sein Job war, die Zivilisation der Menschen in beiden Welten voranzubringen. Gegen Langeweile, Müßiggang, Rückschritt und Dekadenz zu kämpfen.

Dazu brauchte es Menschen wie mich, die bereit waren All-In zu gehen und ebenfalls regelmäßig extravaganten Nervenkitzel brauchten.

„Nervenkitzel“ war übrigens die Untertreibung des Jahrhunderts, wenn es um einen Sprung zwischen zwei Parallelwelten in unterschiedlichen Universen ging.

Gefangen im zeitlosen Nichts traf ich also das Schicksal. Wir hatten ein gutes Verhältnis, sofern man das von einem „Master and Servant“ sagen kann.

„Willkommen zurück, John Jack. Wie ich sehe, entwickeln sich die Dinge gut bei Dir. Ich denke, Du hast ein Anliegen?“ sagte es und nippte an einem epischen Kelch mit wunderbar tiefrotem Rotwein.

Die sonore Bassstimme schien über Äonen zu reichen und lies jede Zelle meines Körpers vibrieren.

„Ehrenwertes Schicksal, ich würde mich freuen, für Euch einen Auftrag erledigen zu dürfen und im Gegenzug dafür zwei Transporte Brassons-Fleisch zu meiner Version der Erde bringen.“

„Deine Version der Erde heißt „Nerthus“. Die, in der Atlantis aktiv ist, „Boenia“, wie die Hauptstadt von Atlantis.“

„Verstehe. Wie kann ich Euch helfen, schicksalhafte Dinge in Boenia – oder Nerthus, als Leistung für mein Anliegen zu tun?“

„Setzt Euch zu meinen Füßen und genießt einen Kelch dieses wunderbaren Rotweins aus dem Portugal Eurer Zeit.“

Das hatte ich bisher noch nicht erlebt. Wenn das Schicksal mit mir einen trinken wollte, dürfte der Job anspruchsvoll werden.

Der Wein war unglaublich gut. Zu Füßen seines Throns mit dem Schicksal einen „dicke Socken Wein“ – wirklich schwer und gehaltvoll, tief und mit unzähligen Nuancen – zu trinken, hatte schon etwas. Ach ja: „dicke Socken Wein“ trinkt man am Liebsten, wenn man dicke Socken trägt, also in der kalten Jahreszeit.

„Yaginam will Atlantis mit genmutierten Chemikalien angreifen und die Zivilisation zerstören. Das ist so mit uns nicht abgesprochen. Ein „Schatten“ Agent ist auf dem Weg zu den Bewässerungskanälen von Pagora und will vergiften. Die Felder sollen mit genetisch verunreinigtem Wasser verseucht werden. Halte ihn auf, bevor ihm das gelingt, und ich sage Dir die Lieferung Brassons-Fleisch zu. Ich führe Dich zu dem Agenten.“

Ich konnte mir relativ wenig unter einem „Schatten“-Agenten vorstellen, generell aber schlecht „Nein!“ sagen und stimmte deshalb zu. Nachdem wir noch ein wenig über weltliche Dinge wie Politik, Wirtschaft und Fußballergebnisse gesprochen hatte, trank ich meinen Kristallkelch aus, verneigte mich vor dem Schicksal und war wieder in der Leere unterwegs.

Bis ich irgendwann auf dem Plateau der Westpyramide der Hafenstadt Kastellah materialisierte.

Ich hatte noch den Geschmack des fantastischen Rotweins im Mund, als ich von der fast 80m hohen Pyramide herabstieg und ein Reitkamel bei einem der Ställe unweit des Monuments mietete. Eins der Dinge, die ich an Atlantis wirklich liebte, war das fantastische Klima. Maritim, weil der Halbkontinent vom Meer umgeben war, beinahe das ganze Jahr über sehr warm, mit Ausnahme der schneebedeckten Gebirgszüge im Norden und Nord-Westen und dank ausgeklügelter Bewässerungskanäle und Klima-Modifikationen waren die Pflanzen fast immer im vollen Saft. In vielerlei Hinsicht kam Atlantis dem Idealbild vom Paradies sehr nahe.

Auf dem Weg nach Pagora und zu den Bewässerungskanälen, wurde ich Zeuge einer ziemlich wüsten Schlägerei, bei der eine kahl rasierte, tätowierte Endzwanzigerin mit ärmellosem dünnem, dunkel-violetten Lederwams und schwarzen Lederhosen, vier Wegelagerer verprügelte. Während sie gleichzeitig versuchte, ihren Reitsaurier davon abzuhalten, die Unholde kurzerhand zu verspeisen. Ihr Kurzschwert steckte in einer Metallschutzhülle an ihrem rechten Oberschenkel, aber sie machte keine Anstalten, es zu ziehen.

„Kann ich helfen?“ fragte ich von meinem Kamel herab und schaute interessiert zu.

„Manchen Spaß möchte man nicht teilen!“ rief sie und versetzte einem der Wegelagerer einen Roundhouse Kick, auf den Chuck Norris stolz gewesen wäre.

Nach drei Minuten war der sehr einseitige Kampf beendete, die Gegner im Staub und die Frau dabei, sie zu plündern.

„Nichts von Wert dabei, dieser Genmüll. Ich heiße Okura und grüße Dich. Danke, dass Du mir den Spaß gelassen hast.“

„John Jack Jickelson, Händler zwischen den Welten und Diener des Schicksals,“ lachte und stellte ich mich vor.

„Du trägst dick auf für einen schmächtigen Mann auf einem gemieteten Kamel.“

Sie ging zu ihrem Reitsaurier und fütterte ihn mit Brassons-Fleisch. Er musterte mich unverwandt und schien seine Chancen abzuschätzen, noch ein Häppchen Jickelson als Dessert zu bekommen.

Reitsauriere waren in Atlantis äußerst selten. Ein ausgebildetes Tier kostete ca. 24.000 Dominaren – etwa der Preis von drei Mehrfamilienhäusern in der Hauptstadt Boenia.

Der Triceratops, auf dem Okura ritt, hatte in der Kreidezeit eine Größe von bis zu neun Meter erreicht und war in Atlantis noch immer knapp 2,50 Meter groß! Seine beiden spitzen Hörner waren gefährliche Angriffswaffen und der Knochenwall, der aus seinem Nacken wuchs, schützte den Reiter vor Fernangriffen.

„Wo willst Du hin?“ fragte ich sie.

„Ich bin auf dem Weg zu den Kanälen von Pagora. Dort soll es Anomalien geben, die Atlantis gefährden.“

„Erstaunlich. Das ist auch mein Auftrag. Ein Agent aus Yaginam…“ begann ich,

“… plant die Kanäle und Bewässerung der Felder zu vergiften. Ein Schatten.“ vollendete sie.

Wir schauten uns an.

„Das Schicksal scheint uns zusammengeführt zu haben.“ sagte ich.

Dann schauten wir beide nach oben, weil wir im gleichen Augenblick meinten, eine sonore Bassstimme lachen zu hören.

Wir stiegen auf unsere Reitgefährte und wir ritten los.

Knapp eine Stunde später erreichten wir eine der Brücken, die auf die Felder von Pagora führte. Die Bäume links und rechts der beiden Brücken-Seiten wirkten krank und ohne Energie. Wir wussten, dass wir auf dem richtigen Weg waren.

Nachdem wir sie überquert hatten, sahen wir schattenhafte Bewegungen in der Niederung zum Hauptkanal. Sie endeten abrupt, als wir uns näherten. Die niedrigen Büsche und hohen Bäume, die gerne an Wasserstraßen gedeihen, sahen ähnlich leblos aus, wie die Bäume an der Brücke.

Wir stiegen ab und Okura zog ihr Kurzschwert mit schwarzer, aufgerauter Klinge aus dem Wams. Ich erkenne Qualität, wenn ich sie sehe, und das war eine besonders edle Waffe.  Als wir uns der schattenhaften Stelle näherten, konnten wir selbige – nämlich schattenhafte – Bewegungen sehen. Die mit einem wenig schattenhaften Behältnis hantierten, das sie wohl nicht öffnen konnten.

„Billiger Mist. Das man mich mit so etwas losschickt. Erst undicht werden und sich dann nicht öffnen lassen. Aarrghhh.“ zischte der Schatten.

„Können wir in irgendeiner Form helfen?“ fragte ich, als wir näher kamen. „Die Tücken der Technik. Ich hatte ein ähnliches Problem, als ich letztlich versuchte, mein Schwert zu ziehen. Es blieb einfach im Holster stecken! Unglaublich.“

„Aber Ihr habt doch gar kein Schwert.“ zischte eine Stimme aus dem Schatten.

„Seitdem begleitet mich Okura. Sie ist Meisterin im Ziehen von Waffen. Schaut nur!“

Okura näherte sich von der einen, ich von der anderen Seite. Die Tarnung des Schattens, war nicht übel, was ihm aber nicht viel nützte, da er nicht besonders helle war. Mir huschte kurz der Gedanke „Das ist eine Beleidigung meiner Intelligenz“ durch den Kopf, sah aber dann, dass ich ihn unterschätzt hatte.

Er verschwand in einem Lichtblitz. Gleichzeitig gab es einen lauten Knall. Okura und ich waren für einige Augenblick blind und wir hatten das „Testbild“ in den Ohren. Ein lautes, intensives Pfeifen, dass durch den Knall hervorgerufen wurde. Okuras Reitsaurier schreckte ebenfalls zurück, war aber deutlich belastbarer als wir. Mit einem lauten Brüllen setzte er seinen 2 Tonnen-Körper in Bewegung und raste auf den Schatten zu.

Der war wohl selbst von seinem Blitz und Knall geblendet – die Waffe schien nicht ganz ausgereift – und stolperte auf uns zu.

Noch bevor der Reitsaurier den Schatten erreichte, pfiff ihn Okura zurück. Ich habe keine Ahnung, wo die Frustschwelle bei diesen Tieren lag. Nach so vielen Verboten anzugreifen, schien aber nicht mehr viel Luft nach oben zu sein.

Es sieht befremdlich aus, wenn Schatten beim Laufen Haken schlagen. Unwirklich und doch faszinierend. Mit einer Handvoll Feuerwerksstaub wollte er Okura ablenken. Was sie aber nicht davon abhielt, zwei schnelle Schritte nach vorne zu machen und ihn an der Kapuze festzuhalten. Sie riss ihm den Kopfschutz vom Kopf und machte einen Schritt zurück.

Der Gestank darunter war fast unerträglich. Im gleichen Augenblick löste sich der Schatten auf. Wortlos. Kein melodramatischer Schrei, keine Leuchterscheinung. Nicht mal ein gestöhntes „Aaahhhhh“. Ziemlich billig. Nur sein Gewand fiel zu Boden. Und ein paar amorphe – Dinge, die entfernte Ähnlichkeit mit Gliedmaßen hatten.

Der Behälter mit der tödlichen Flüssigkeit stand schief. Eine widerliche grün-glibbrige Substanz tropfte auf den Boden. Es stank nach konzentrierter Gülle, Chemie, vergammeltem Fisch und Verderben. Da, wo sie auf den Boden traf, sah es aus und roch wie der Tod.

Vorsichtig stellten wir den Behälter in eine Lage, bei der keine Flüssigkeit mehr auslief.

Okura zog ihren Kommunikationskristall aus dem Wams. Was bei uns Handys und Tablets, sind auf Atlantis modifizierte Steine, die über die Energiekanäle der Pyramiden verbunden sind. Sie machten zwar keine Fotos, funktionierten aber, indem man an den Empfänger dachte. Okura sprach mit Andres, einem Offizier der Elitetruppen von Großkanzler Oeckie, der sich sofort mit einem Trupp aus der Hauptstadt Boenia auf den Weg machte.

Nun, was macht man in der Zeit, bis am nächsten Tag die Truppen eintreffen? Man kommt irgendwie ins Gespräch, lernt sich kennen, ruht sich aus, isst und trinkt von den Vorräten,  die man bei sich führt und liebt sich. Mehrfach. Es dauert wirklich lange, bis eine berittene Einheit von Boenia bei den Kanälen süd-östlich von Pagora eintrifft.

Sehr entspannt übergaben wir dem Offizier Andres die Überreste des Schattens und den Behälter. Dieser wurde auf einem für chemische Einsätze präparierten Metallkasten auf einem stabilen Anhänger durch die Truppen des Großkanzlers Truppen abtransportiert.

Wir kauften das Brassons-Fleisch für die Bernstein-Klause und verabredeten uns für die kommende Woche in Kastellah.

Die zwei Transits zu Nerthus verliefen ohne besondere Zwischenfälle. Frank Sledger war außer sich vor Freude und zwei seiner Mitarbeiter luden den erheblichen Betrag in mehreren Koffern auf den Tisch vor mir. Zusammen mit einer Einladung auf Echtgold-Folie, zu einem Schlemmerwochenende in die Bernstein Klause für mich und eine Begleitung.

Bevor ich mich jedoch mit Okura treffen konnte, bekam ich einen schicksalhaften Auftrag. In den Sümpfen von Slorgh sollte eine 20m lange Singschlange ihr Unwesen treiben.

Gewaltige Boenia, das war doch mal eine Aufgabe!